Rettet die Konzentration

Oliver Bierhoff, der Manager der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, fällt mir immer wieder durch seinen präzisen Umgang mit der deutschen Sprache auf. Ich höre ihm gerne zu – inhaltlich nicht immer, aber er formuliert sehr treffend.

Nun hat Oliver Bierhoff folgenden Satz gesagt: “Die Konzentration auf die WM in Brasilien fordert derzeit die Fokussierung auf den Sport”. So von ihm ausgesprochen zur Begründung, warum die Spieler der Nationalmannschaft in diesen Tagen nicht für eine Sonder-Sendung der Rateshow “Wer wird Millionär” zur Verfügung stehen. Aber darum geht es mir hier gar nicht.

Ich danke Oliver Bierhoff für die  Verwendung des Wortes “Konzentration”, und das sogar in einem Atemzug mit dem Modewort “Fokussierung”. Ob der Satz letztendlich “Sinn macht” (eine populäre Sprachverwirrung übrigens…), vermag ich gar nicht zu sagen. Er klingt aber toll, – wie eben alles, was Oliver Bierhoff sagt.

Fast überall wird heute nur noch “fokussiert”, -inflationär fokussiert sozusagen. Egal, ob bei Sportlern, Politikern, Schülern,Studenten, Journalisten – und selbst bei Lehrern: die Fokussierung hat die Konzentration fast vollständig aus unserem Sprachverbrauch verdrängt.

Ich bedauere das.

Das fokussieren kannte ich im Alltag bis vor kurzem eigentlich nur von meiner Spiegel-Reflexkamera, und dabei machte es mir der Auto-Fokus immer so einfach, daß ich nicht weiter über die Fokussierung nachdenken musste. Das fokussieren kommt also eher aus dem optischen Kontext, bzw. (für die vielen Physiker unter meinen Blog-Lesern) beschreibt sie auch die Bündelung elektro-magnetischer Teilchen. Darüber hinaus aber gibt es im Grunde nichts weiter zu fokussieren.

Der Duden beschreibt die Konzentration treffend als den Vorgang “seine Aufmerksamkeit, seine Gedanken, Überlegungen, Bemühungen o.Ä. vollständig auf jemanden, etwas ausrichten, hinzulenken“. Damit beinhaltet die Konzentration sowohl die gedankliche als auch die handelnde Ausrichtung des Bewusstseins und des Körpers auf ein bestimmtes Ziel.

Natürlich: Sprache entwickelt sich stetig weiter, Begriffe und Wörter kommen und gehen,- in diesem Beispiel sicher auch unterstützt durch den englischen Begriff “to focus”, der ähnlich universell eingesetzt wird wie die Fokussierung. Warum bin ich also so erpicht darauf, die Konzentration unter Artenschutz zu stellen?

Nun, die Gesellschaft wird zunehmend digitaler und egoistischer. Sie ist zunehmend geprägt von Aufmerksamkeitsdefiziten, Reizüberflutung sowie “mentalen Google-Effekten*” in allen Altersschichten. Es scheint mir sehr wichtig, die Konzentrationsfähigkeit zu bewahren. Sie ist ein hohes Gut im Zeitalter der Schnelllebigkeit, da sie stets unser Innerstes reflektiert und dabei verantwortungsvoll sowohl nach links und rechts, als auch nach vorn und zurück schaut. Wir brauchen den Begriff der Konzentration dringend, um diese innere Einstellung auch in Zukunft noch vermitteln zu können.

Konzentrieren wir uns!

* siehe “Der Google-Effekt” Douglas C. Merrill, südwest Verlag 2010, ISBN 978-3-517-08618-7

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