Eine alljährliche deutsche Tragödie

Die Phase zwischen Weihnachten und Neujahr nennt man bei uns in Ostwestfalen auch gern “zwischen den Jahren”. Das alte Jahr ist eigentlich abgeschlossen, das neue hat noch nicht begonnen. Es passiert wenig und die Welt erscheint wohltuend entschleunigt.

Es könnte so wunderbar sein. Ist es aber nicht.

Skispringen, das ist ein Sport, der in aller Regel 357 Tage im Jahr niemanden wirklich interessiert. Selbst Olympiasiege, wie jener der deutschen Mannschaft im Mannschaftsspringen bei den olympischen Spielen Anfang des Jahres, können das Schattendasein dieser Sportart nur für wenige Tage relativieren.

Umso verwunderlicher ist es, mit welcher Vehemenz und finsterer Entschlossenheit sich eine große Anzahl von Bundesbürgern immer wieder auf das Unternehmen Vierschanzentournee einlässt. Ob nun vor dem Fernseher oder als fahnenschwenkendes Eventpublikum, die “Super” Stimmung im Stadion genießend, – man amüsiert sich als ob es kein Morgen gebe. Dies zur Not auch ohne Wettbewerb, sollte dieser mal wieder den Wetterbedingungen zum Opfer fallen.

Selbst eindeutige und ungeschminkte Wettbewerbsverzerrungen wie der Modus des “paarweise” gegeneinander Antretens in Verbindung  mit dem unsäglichen Spannungsmoment-Elementes der “Lucky Loser Wertung”, tun der Begeisterung der deutschen Fanbasis keinen Abbruch. Armut macht Halt erfinderisch…

… denn sportlich ist es jedes Jahr das gleiche Spiel: Die “deutschen Adler” scheinen zunächst immer gerade rechtzeitig in Form zu kommen. Es gibt eine Menge Aspiranten auf den Tourneesieg: Der Severin, der Richard, der Stefan, über viele Jahre auch der unverwüstliche Milka-Martin, und wie sie auch alle hießen. Zudem wittern die Fachleute in jedem Jahr auch eine leichte Schwäche der meist dominierenden Österreicher. “In diesem Jahr muss es eigentlich klappen”,  – das liegt immer wieder ganz klar auf der Hand.

Leider ist es in aller Regel bereits nach dem ersten von acht Durchgängen mit der deutschen Herrlichkeit vorbei. In den zwölf Jahren nach dem heiligen Ernst Hannawald, der “einfach sein Zeug machte” und alle vier Springen inklusive der Gesamtwertung gewann, stürzten die deutschen Adler regelmäßig ab.

Wenn dabei wenigstens von der großen Tragödie oder von ein wenig Drama zu berichten wäre, wie es betrunkene Finnen oder nach großen Stürzen rasch wiedererstarkende, klar, Österreicher, regelmäßig liefern, -dann, ja dann wäre es immer noch große Unterhaltung. Ist es aber nicht. Die deutschen Hoffnungsträger springen nämlich ganz unspektakulär schlichtweg einige entscheidende Meter zu kurz. Einfach so. Dumm gelaufen eben. Weihnachtsgebäck bietet mehr Spektakel.

Damit endet die so fried- und hoffnungsvolle Zeit zwischen den Jahren immer wieder mit einer herben Enttäuschung. Das vierte Springen in Bischofshofen soll gerüchteweise seit Jahren kein deutscher Fernsehzuschauer mehr live verfolgt haben. Denn meistens gewinnen dann eben doch die Österreicher und man will ja beim Feiern auch nicht stören.

Was bleibt, ist fast ein ganzes Jahr Zeit, um sich von der Enttäuschung zu erholen und damit verbunden die unverdrossene Hoffung auf den nächsten deutschen Adler.

Denn  eines Tages wird er kommen – und wenn dann gerade die Österreicher… Na, sie wissen schon!

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