Dobrindt

Eine Maut für ein Europa

“Freie Fahrt für freie Bürger!”

Dieser beliebte Slogan aus den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde immer dann gern skandiert, wenn mal wieder laut (… auch damals schon bevorzugt  im Sommerloch…), über ein generelles Tempolimit auf Deutschlands Autobahnen nachgedacht wurde. Meist waren solche Forderungen politischer Selbstmord und sie verschwanden regelmäßig wieder aus der öffentlichen Diskussion. Irgendwann kam dann jemand auf die schlaue Idee, daß man ein generelles Tempolimit auch durch viele, viele, viele einzelne Tempolimits erreichen konnte. Und so wurde das dann auch gemacht. Ohne Getöse.

Auch als die ersten Diskussionen über eine Autobahn-Maut aufkamen, wurde die Forderung für die freie Fahrt natürlich wieder laut. Über viele Jahre mit Erfolg. Schließlich steht die freie Fahrt ohne Straßengebühren ja auch in Artikel 1 des Grundgesetzes. Oder Moment, geht es da um etwas anderes?

Egal, als dann erst einmal nur die LKWs traf, atmeten wir auf, dachten “Das geschieht den Schnecken recht” und machten unsere Witze. Daß die LKWs fortan auf die Landstraßen auswichen und damit Anwohnern von Durchfahrtsstraßen die Lebensqualität raubten, – nun, das betraf ja nur eine Minderheit. Darüber konnten wir großzügig hinwegsehen.

Nun aber wird es ernst.

In der bundesdeutschen Politik und in der CSU ist die PKW-Maut zurück auf der Agenda. Verkehrsminister Dobrindt hat ein durchdachtes Konzept vorgelegt, welches keine Frage offenlässt: Irgendwie zahlen alle, die deutschen Autofahrer aber letztendlich doch nicht. Also linke Tasche, rechte Tasche und ein Haufen Bürokratie. Toll.

Europapolitisch ist dies natürlich ein Schelmenstreich. Die Maut für alle, auch auf Landstraßen, aber nur deutsche Autofahrer über die KFZ Steuer zu entlasten, – ja was ist denn das bitte für ein System? Wo bleibt denn da der Gedanke der europäischen Einigung? Schon wird in Nachbarländern wie der Schweiz oder den Niederlanden darüber nachgedacht, (Revanche)-Mautsysteme einzuführen (Schweiz), oder geparkte, unpopuläre Inititativen (Niederlande) wieder aus der vielzitierten Schublade zu holen. War doch auch klar.

Damit werden neue Barrieren geschaffen.Es gibt auch zu recht Befürchtungen, daß grenznahe Regionen unter der Maut leiden werden, da der Grenzverkehr zurückgehen würde. Mal ehrlich: Was wäre der Düsseldorfer Weihnachtsmarkt ohne Niederländer oder ein deutscher katholischer, also besinnlicher, Feiertag ohne lange Staus in Richtung der Designer-Outlets in Belgien oder Holland?

Ich frage mich: Warum macht man die europäische Infrastrukturkonzepte mitsamt Mautsystemen etc. nicht zu einer europäischen Aufgabe? Das wäre doch einmal eine sinnvolle, länderübergreifende Initiative. Sie würde vielen Bürgern auch deutlich machen, daß in Brüssel wirkliche Realpolitik gemacht wird. In Zeiten von Eurokrise, unwürdigem Postengerangel in der EU Komission oder rechtsnationaler Europafeindlichkeit, wäre eine gemeinsame Verkehrspolitik doch wirklich eine gute Sache. Stattdessen sehen wir Kleinstaatenpolitik wie im 18. Jahrhundert… Das ist schade.

Eine gemeinsame Verkehrspolitik könnte sogar Großbritannien mittragen, denn auf der falschen Straßenseite könnte man dort ja weiterhin noch fahren.