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Schreibmaschinen: Die intelligente Geldanlage in Zeiten der NSA und des Niedrigzinses

Seit Monaten bin ich damit beschäftigt mein Geld umzuschichten. Im Wohnzimmer. Damit es nicht stockig wird. Denn ich weiss nicht mehr wohin damit.

Die Zinsen bei meiner Bank liegen unterhalb der Inflationsrate. Gold schwächelt. Meine Garage kann keine weiteren Oldtimer aufnehmen. Der DAX ist überbewertet. Viele Analysten warnen eindringlich vor einer zeitnahen deutlichen Korrektur der Kurse. Meine Steuerspar-Immobilien in Top-Lagen der neuen Bundesländern stehen komischerweise leer. Selbst meine “todsicheren” Investitionen in Windparkbetreiber mit “traumhaften Renditen” sind irgendwie daneben gegangen. Der Versuch des Abbaus von seltenen Erden in meinem Garten war ergebnislos und meine Investitionen in Fracking fand Hannelore Kraft mitsamt dem gesamten Landtag von NRW auch nicht gut. Voll gemein.

Aber jetzt habe ich es: Ich kaufe und verkaufe mechanische Schreibmaschinen. Egal wie alt. Egal in welchem Zustand Denn hier liegt die Zukunft!

Der NSA Untersuchungsausschuss macht es gerade vor: In Zeiten, in denen wir selbst unseren Freunden nicht mehr trauen können, heisst es von der modernen Informationstechnologie Abschied zu nehmen. Der NSA Ausschuss steigt  jetzt auf das das einzig sichere Medium um: Die Schreibmaschine eben, – denn sie kann nicht angezapft werden. Jedenfalls solange keine Elektronik drin ist. Das ist sowas von brilliant!

Ich werde mich heute, nachdem ich dieses Manifest für die Druckerschwärze als mein letztes digitals Kommuniqué fertiggestellt habe, ebenfalls aus dem  Informationszeitalter zurückziehen. Vielleicht noch ein bißchen eBay, um an die Schreibmaschinen zu kommen, klar. Vielleicht “launche” ich auch noch ein Internetportal, speziell mit “Suchen & Bieten” für Schreibmaschinen. Das nenne ich dann Typologo, oder so. Hauptsache irgendetwas mit einem Vokal hinten. Das macht man heute so

Und jetzt noch ein Hammer Insider-Tipp. Das mit den Schreibmaschinen erwirtschaftetes Kapital werde ich natürlich umgehend reinvestieren. Na, in was? Irgendwelche Ideen?

Na klar: In SCANNER!

Denn irgendwie müssen die Spione das ganze Papier ja wieder digitalisieren, um es doch noch an die NSA übergeben zu können. So wie es ja auch gelaufen ist, mit dem Typen, der die Akten des NSA-Ausschusses MIT NACH HAUSE genommen hat um sie zu SCANNEN und dann der NSA zu verkaufen  – um dann aufzufliegen, als er versuchte die Scans auch noch den Russen zu verkaufen – ausgerechnet den RUSSEN, die haben doch eh nur Schreibmaschinen…

Naja, ich werde mein Geschäftsmodell auf jeden Fall wie oben beschrieben anpassen, während das ganze Land und die politische Elite wieder einmal über all die Bespitzelung  aufschreit: “Jetzt ist aber langsam mal gut” sagt auch der von mir wirklich hochgeschätzte Herr Bundespräsident. Recht hat er wieder einmal. Ändert aber nix.

Bleibt einzig die Frage, warum sich da Land über ein paar hundert gescannte Seiten des NSA Ausschusses empört, während andere, viel weitreichendere, Berichte kaum Beachtung finden. So zum Beispiel,  daß der größte deutsche Internetverkehrsknoten in Frankfurt, der “Deutscher Commercial Internet Exchange” DE-CIX, mittels einer exklusiven Standleitung vom BND angezapt ist.*

Wenn diese Meldung stimmt, bedeutet daß nichts anderes, als daß sekündlich 800 Milliarden Bit** an Daten aller Art (inlusive eMail, Surfverhalten, Dokumente) quasi gespiegelt und zur Analyse abgeleitet werden, – viiiiieeeelleicht sogar widerum teilweise bei der NSA landen. Selbst wenn dies aber nicht am DE-CIX passiert, – irgendwo auf den Leitungen hört immer jemand mit. Finden wir uns damit ab. Und es sind nicht nur die Amerikaner. Damit will ich aber nicht sagen, daß private Informationen und Unternehmensdaten im Internet generell unsicher sind, – man kann da schon viel machen. Ist aber ein komplexes Thema. Populismus und gespielte Empörung helfen aber garantiert nicht.

Ich frage mich übrigens gerade, wieviele Schreibmaschinenseiten 800 Milliarden Bit pro Sekunde allein an einem Tag ergeben würden. Vielleicht investiere ich auch in Papierfabriken, wegen mir auch im Regenwald. Was soll’s denn.

*Quelle: ZDF, Frontal 21, 14. Juli 2014

**Quelle: “Tubes” von Andrew Blum: Stand 2012

 

 

 

Wetten dass…? … uns etwas fehlen wird?

Es wäre falsch, eine Fernsehsendung zu etwas zu stilisieren was sie nicht ist und nie sein kann: Einem Bindeglied zwischen Generationen.

Dennoch überkommt mich mit der Gewissheit über den bevorstehenden Abschied von „Wetten daß…?“, ein Gefühl des Verlustes. Dabei geht es mir um mehr als um Melancholie oder die unvermeidliche Glorifizierung der eigenen Jugend.

Die Sendung symbolisiert den klassischen Fernsehsamstagabend im Kreis der ganzen Familie. Die Betonung hier auf der ganzen Familie. Ein Format, sicher für niemanden perfekt, dabei aber für alle unterhaltsam. Gut gemachte Wetten erfreuen Jung und Alt. Die Sofa Gespräche langweilen vielleicht die Kinder und Jugendlichen. Showstars treffen mal diesen, mal jenen Geschmack. Und wenn es dann einmal zu international wird, haben die Älteren zumindest einen Grund sich über „dieses englische Zeug“ zu beschweren.

In einer Zeit, in der wir alle fortwährend gewollt oder ungewollt unterhalten werden und dabei Zeit, Ort und Charakter des Konsums von multimedialen Angeboten grenzenlos sind, wirkt das Format einer traditionellen Fernsehshow auf den ersten Blick überholt. Klar: Zu unspezifisch, nicht individuell genug, keine eindeutige Ausrichtung auf eine Zielgruppe. Da müssen die Quoten ja leiden. Aber geht es immer nur darum?

Unsere Wirklichkeit ist heute geprägt von der zunehmenden Auflösung von festen Zeitrastern und Strukturen. Multimediale Informationsangebote haben daran einen großen Anteil. Dabei sehen wir aber auch, daß gleichzeitig Regeln und damit Orentierung verlorengehen. Dazu gehört das Bewusstsein, sich pünktlich um 20.15 Uhr vor dem Fernseher einfinden zu müssen, um eine Sendung vollständig zu sehen.

Darüber hinaus erfordert ein Format wie „Wetten daß…?“ ein Mindestmaß an Geduld und Toleranz gegenüber Inhalten, die für den Einzelnen nicht interessant sind. Schließlich auch die Respektierung der Tatsache, nicht einfach umschalten zu können wenn der Rest der Familie gerade interessiert zuschaut. Obendrein, – dies ohne Werbepausen!

Und dennoch: Eine gut gemachte Sendung (und davon gab es trotz aller berechtigter  Kritik viele…), schaffte es immer wieder, einen Beitrag zum gemeinsamen Erleben von Unterhaltung zu machen. Am Sonntag beim Frühstück die Wetten im Familienkreis noch einmal Revue passieren zu lassen, war und ist sicher nicht das schlechteste Gesprächsthema.

Ich will gar nicht über die Motive wie die Quote, Moderatoren, die Kosten oder andere Beweggründe für diese Entscheidung spekulieren. In der Summe, hätte ich mir vom öffentlich rechtlichen ZDF andere Ideen zur Veränderung gewünscht als die, einfach aufzugeben. Veränderungen im TV-Sehverhalten der heutigen Gesellschaft zu akzeptieren, bedeutet noch lange nicht automatisch vor ihnen zu kapitulieren.

Sollte die Lücke nun noch durch Zeitgeistshows, austauschbare Filmformate oder noch mehr „Samstagsabendkrimis“ gefüllt werden, haben letztendlich alle etwas verloren. Ich mag es mir gar nicht vorstellen.